Max Mustermann

1967 - 2021


geb. am 17. März 1967 in Passau
gest. am 23. November 2021 in Köln

Gedanken für Dich


Kennst du die Anstrengung vor seiner eigenen Erschöpfung davonzulaufen? Was ist es, was so anstrengend ist? Es ist doch weniger das Sein oder Tun als vielmehr das Streben: das Streben, präsent oder wachsam zu sein, die Welt umarmen zu können.

Ich habe Angst, in der Versenkung zu verschwinden, vergessen zu werden und dir nichts bieten zu können, wenn ich nichts bewirke. Ich möchte einen Tag, einen Monat, ein Jahr, ja ein Leben lang existieren können, ohne dass sich daraus eine gute Geschichte machen ließe. Wenn du mich bei unserer Begegnung fragst, was denn so alles passiert sei und ich nichts zu erzählen habe, dann möchte ich damit vollauf zufrieden sein. Ich möchte in der Lage sein, mein Leben bis in den letzten Winkel in Besitz zu nehmen und es dabei bewenden lassen. Warum sind mir diese Gedanken erst gegenwärtig, seitdem ich weiß, dass es wohl nicht mehr so lange währt?

Eben diese Gedanken will ich dir weitergeben: aufhören, vor der eigenen Erschöpfung davonzulaufen, ermutigen, im eigenen Tempo voranzugehen, indem du den inneren Impuls zur Bewegung noch spürst und das dir erlaubt, stehen zu bleiben, wenn die Sehnsucht auf der Strecke bleibt. Und ich wünsche dir den Mut, nach den Spuren der Sehnsucht zu suchen und sie aufzuspüren.

Was mich treibt, ist die Sehnsucht nach Nähe: zu mir selbst, zu anderen Menschen, der Welt, dem Universum – eine innere Nähe, die sich oft in scheinbar flüchtigen Begegnungen offenbart. So wie jetzt. Verbundenheit, eins sein mit allem, in der Hoffnung, dass nichts, aber auch gar nichts verloren geht.

Lieber Leser/in, dies ist nur eine Beispielseite zur Veranschaulichung der Technik. Bilder, Botschaften, Biographisches, Erinnerungen, Anekdoten, Gebete oder Prosa könnten hier abrufbar sein. Das ist die Idee von „Momente weitergeben“.

Der 2006 verstorbenen Schriftsteller Robert Gernhardt sagte „Ich schrieb die "K-Gedichte" zum Thema Krebs und Krankheit, um mir etwas vor Augen zu führen und es mir gleichzeitig vom Leibe zu halten. Für mich als Patient und Schreiber war es hilfreich, und das kann es für den Leser auch sein.“ (Aus: Robert Gernhardt "Ich wollte mein Leben zurück", Rütten & Loening, Berlin).


					

Siebenmal mein Körper

Mein Körper ist ein schutzlos Ding, wie gut, daß er mich hat. Ich hülle ihn in Tuch und Garn und mach ihn täglich satt. Mein Körper hat es gut bei mir, ich geb' ihm Brot und Wein. Er kriegt von beidem nie genug, und nachher muß er spein. Mein Körper hält sich nicht an mich, er tut, was ich nicht darf. Ich wärme mich an Bild, Wort, Klang, ihn machen Körper scharf. Mein Körper macht nur, was er will, macht Schmutz, Schweiß, Haar und Horn. Ich wasche und beschneide ihn von hinten und von vorn. Mein Körper ist voll Unvernunft, ist gierig, faul und geil. Tagtäglich geht er mehr kaputt, ich mach ihn wieder heil. Mein Körper kennt nicht Maß noch Dank, er tut mir manchmal weh. Ich bring ihn trotzdem übern Berg und fahr ihn an die See. Mein Körper ist so unsozial. Ich rede, er bleibt stumm. Ich leb ein Leben lang für ihn. Er bringt mich langsam um. Robert Gernhardt